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27. Oktober 2011

Erwachen.

Taren • am 27.10.2011 um 07:38 in erkannt
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In der Dunkelheit quäle ich mich aus dem Bett, kalte Luft auf der Haut. Es ist früh, schmerzhaft früh, und Müdigkeit liegt wie eine klebrige Schicht auf meinen Lidern. Zu wenig Schlaf und die wiederkehrenden Traumbilder fordern ihren Tribut, und doch – das Leben bietet grade so viel. Es lockt und flüstert von Träumen und Versprechungen, von Lachen und Freude, von Sehnsucht, die mit der Dämmerung erwacht, und breitet seine Vergnügungen wie einen Teppich vor mir aus – und ich vergesse Erschöpfung und Schläfrigkeit und folge seinem Ruf.
Hinter den Hausdächern färbt sich der Himmel hellblau und strahlt, und ich gehe in den beginnenden Tag, was immer er auch bereit halten mag.

06. Oktober 2011

Das Schönste auf der Welt.

Taren • am 06.10.2011 um 22:15 in erkannt, erlebt
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Es war nur fünf Grad, der Himmel blau wie ein Meer
Du fragtest wie gerne ich lebe, ich sagte sehr
Ich weiß, wie du aussiehst, während du schliefst
und wenn du eine Stadt wärst, dann wärst du Paris
woanders ist es auch nicht schlecht, sagt ich im März
ich habe das Schönste auf der Welt gesehen:
Paris im Herbst.

Thees Uhlmann

Zu wissen, daß sich auch in anderen Zimmern jetzt grade Plattenteller drehen und Menschen hören, was die Nadel diesen schwarzen Vinylscheiben abringt, zu wissen, daß noch jemand anders mit einem Glas Wein dasitzt und ins Dunkle schaut und lauscht – gemeinsam hören, sich in der Musik verlieren und zusammen einsam sein, an unterschiedlichen Orten irgendwo in Deutschland. Mehr braucht es doch gar nicht.

15. September 2011

Die Toten auf dem Rücksitz

Taren • am 15.09.2011 um 23:02 in erkannt, hören
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[…] Pack‘ deine Sachen und nimm‘ alles mit,
was dir wichtig ist und was dir gefällt:
Deine Photos, alte Platten, die Narben, die Hoffnung,
dein liebstes T-Shirt und das letzte Geld.

Wunder‘ dich nicht über die Toten auf dem Rücksitz
und laß‘ sie für uns Waltzing Matilda singen
und wunder‘ dich nicht über die Route, die ich nehme,
du wirst sehen, ich werde uns sicher ans Ziel bringen
über die Berge, die Städte, die Flüsse und Ströme
und wir werden mit den Toten zusammen singen. […]

Thees Uhlmann

Manchmal passen Lieder einfach so gut zur Gesamtsituation, das letzte Puzzleteil in dem unübersichtlichen Knäuel aus Gedanken und Gefühlen. Eines Tages gehen wir zusammen auf so einen Roadtrip, im Gepäck nur uns, Musik und ein paar Lieblingstshirts – und unsere Träume, Erinnerungen, Verletzungen und Gedanken.

26. August 2011

Erkenntnisse.

Taren • am 26.08.2011 um 18:25 in erkannt, erlebt
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Im Rollstuhl sitzt sie vor mir, größtenteils gelähmt, die Arme und Hände apraxisch, so daß jeder Griff nach dem Schlegel eine Kraftanstrengung, eine seltsam ungelenke Bewegung ist. Sie hat kaum Körpergefühl, ihre Mimik ist meist nicht existent, seltsam ausdruckslos beobachtet sie, und jedes manchmal auftauchende Lächeln wirkt dadurch stumpf und farblos.
Heute reden wir nur, auf ihren Wunsch, und sie erzählt uns von ihrem Leben „früher“, von ihrer Arbeit mit Jugendlichen und Kindern, von ihren Projekten, Erfolgen und Ideen. Früher – das ist vor dem Suizidversuch, der ihr Leben so radikal veränderte, das ist vor der Hypoxie, vor dem Multiorganversagen, vor den wiederholten Reanimationen, vor dem Koma, dem apallischen Syndrom, vor dem langen Weg aus der Bewusstlosigkeit und Sprachlosigkeit zurück zumindest in die Kommunikation. Sie hat Tabletten genommen, viele Tabletten, und wurde gefunden. Narben von Schnittwunden zieren ihren linken Arm.
Nichts wird jemals sein wie zuvor. Nichts. Schwerstbetroffen, behindert bis an ihr Lebensende, auf Hilfe und Betreuung angewiesen. Sie wird nie wieder arbeiten können, zumindest nicht normal in ihrem alten Beruf, sie wird nie wieder laufen und springen und so lachen können wie früher.

Und ich sitze ihr gegenüber und fühle Mitleid, Betroffenheit, Schuldgefühle, so vieles, und begreife ganz neu, wie viel, wie unglaublich viel Glück ich hatte. Mit Narben leben – Himmel, wie leicht.

06. August 2011

Diamanten.

Taren • am 06.08.2011 um 17:42 in erkannt
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Regen fällt, und die Welt versinkt in Grau. Die erste Woche des Praktikums liegt hinter mir, mit vielen Erlebnissen, Momenten und Geschichten, die im Gedächtnis bleiben. Es ist eine andere Welt, dort draußen im Nirgendwo in dieser Klinik mit ihren vielen Türmchen und Fluren und Stockwerken mitten im Grünen, wo Schwerstkranke ihre ersten Schritte zurück ins Leben gehen – oder eben auch nicht. Betroffene Schweigepausen in Teamsitzungen, als uns allen klar wird, daß dieses Kind hier sterben wird, und andere, die es vielleicht schaffen können – ich halte Hände, führe kraftlose Arme zur Trommel und reiche herabgefallene Schlägel wieder empor, und lächle, um Freude und Kraft zu geben.

Es ist wundervoll, abends Ablenkung zu finden, sonst wäre mir die Last der Schicksale vielleicht manchmal zu schwer – ich weiß es nicht. Aber ich freue mich, wenn mein Handy klingelt, wenn durch herrliche Alltäglichkeiten mit anderen die Arbeit aus meinem Kopf verschwindet und fern bleibt, bis ich früh morgens wieder zur S-Bahn laufe. Ein Kaffee in der Fußgängerzone, durch Läden schlendern, im Unperfekthaus Kicker spielen und reden und sich necken und lachen, so daß ich abends mit einem Lächeln auf den Lippen und Wärme im Bauch das Licht ausmache und einschlafe.
Freundschaften, die so eng und leicht sind, daß sich der andere wie eine Erweiterung des eigenen Ichs anfühlt, Menschen, auf die man sich verlassen kann, egal was kommt, und in deren Gegenwart kein Verstellen, kein Nachdenken nötig ist, sind wundervoll. Jeden Moment mit ihnen, jede Stunde, egal, ob etwas geschieht oder ob wir nur still beieinander sitzen, bildet eine Perle in meinem Inneren, die ich sorgfältig aufhebe und die leuchtet, wenn es in mir dunkler wird. Sie sind meine Festung, mein Halt, wenn mich die Arbeit oder das Leben frustriert, und ich schaffe jeden Tag, weil ich weiß, daß sie da sind.
Soll der Regen doch fallen!

09. Juni 2011

Geschafft..

Taren • am 09.06.2011 um 23:51 in erkannt
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Das Unmögliche erreicht, meinen Schatten überwunden und gegen jede Widerstände angekämpft – und nun ist es vollbracht. Eine Woche lang täglich gebloggt – Himmel, Kinder, dat ist Arbeit…. (-;

10. Mai 2011

Bittersweet.

Taren • am 10.05.2011 um 22:36 in außen, erkannt
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Es konnte nicht einfach alles so weitergehen. Leben ist eben nicht perfekt, Glückssträhnen halten nicht ewig. Mit schwarzen Schwingen rauschen eben auch Niederlagen über uns, holen uns ein und ergreifen uns, wenn wir nicht auf sie gefaßt sind.
War meine Arroganz zu groß, daß ich mir in diesem Fall eigentlich recht sicher war? Oder habe ich lediglich vergessen, daß das Schicksal nun einmal nicht gerecht ist und manchmal Leistung und Engagement nicht zählt?

Es ist nicht gerecht. Aber auch dieses Wissen ändert nichts an der Realität. Ich fühle mich berechtigterweise geschmäht und herabgewürdigt in meiner Arbeit, meinem Engagement und meiner Kompetenz, doch wird auch das nichts ändern. Dennoch sollte ich mir vielleicht in Zukunft Gedanken darüber machen, ob ich weiterhin mit so viel Enthusiasmus an neue Aufgaben und zusätzliche Aktivitäten gehe, oder ebenfalls in Zukunft den Weg des geringsten Widerstandes gehe, denn offenbar ist das gefragt.

Danke, daß ihr mir den Abschied so leicht macht.

30. April 2011

Halt.

Taren • am 30.04.2011 um 23:05 in bitterschokolade, erkannt, verzaubert
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Der Teufel ist ein trauriger Geist und macht traurige Leute, darum kann er Fröhlichkeit nicht leiden. Darum kommt’s auch, daß er vor der Musika aufs Weiteste flieht! Er bleibt nicht, wenn man singt.

Martin Luther

Wenn Teufel, Dämonen und Nachtgespenster ihre Finger nach mir ausstrecken und mit kahlen Knöcheln an die Fensterscheiben pochen, wenn mit der Dämmerung auch die Kälte und das Unbehagen in meine Knochen kriecht, wenn just mit einem Moment seltsame Gedanken und Gefühle den Magen zusammendrücken hilft nichts so sehr wie die Musik. Seit Tagen sitzt mir die Müdigkeit und die Überarbeitung auf den Schultern und flüstert Abend für Abend mir verlockend in die Ohren, doch heute eine Ausnahme zu machen und nicht noch abends mich ans Klavier zu setzen, sondern lieber früh zu Bett zu gehen, oder doch noch weiter den universitären Pflichten nachkommen, oder entspannt einen Film sehen, doch – ich widerstehe. Und jeden Abend hellt mir der Klang dieses Wunderinstruments mein Gemüt auf, vertreibt die Wolken und jagt meine bösen Geister davon.
Eigentlich ist es zu viel, was ich tue, was auf mich zukommt und was ich alles schaffen will. Der Arztbesuch, die Auseinandersetzung mit den Relikten der Krankheit, die Musik, das Praktikum, die Bewerbung für den Job, dann meine erste Abschlußarbeit, der Sport, die ehrenamtliche Singerei, die normalen Semesterreferate und -prüfungen…
Hätte ich nicht meine Musik, meinen Therapieplatz täglich vor den weißen und schwarzen Tasten, ich würde aufgeben. Doch sie gibt mir die Kraft, das alles irgendwie zu schaffen, weil ich es will – und weil ich bei ihr immer Hilfe finde, wenn ich sie brauche.

20. April 2011

Kanten und Ecken.

Taren • am 20.04.2011 um 23:39 in erkannt
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Manchmal gibt es Tage, an denen man erstmalig seit langem wieder merkt, daß es auch zu viel sein kann. Zu viel sozialer Kontakt, zu viel Berührung, zu viel Nähe, zu viel – andere Menschen. Ich bin einfach nicht sonderlich sozial, ich brauche viel Zeit für mich, um genießbar zu bleiben, um Andere um mich haben zu können. Wenn das nicht gegeben ist, werde ich reizbar und genervt, eine Stimmung, die weder für mich noch für andere, so vermute ich, leicht zu ertragen ist. Dann ist es auch gleichgültig, wie sehr ich mir dessen bewußt bin, ich kann an dem Gefühl des Ärgers nichts verändern.

Es wird höchste Zeit, daß ich mich wieder auf mich selbst besinne – und mir mehr Alleinsein und Ruhe gönne, egal, wie viele Aktivitäten ich dadurch verpasse. Ich bin nun einmal so – ein Freiheitssucher, ein Paradiesvogel.

15. April 2011

Erwachsen werden.

Taren • am 15.04.2011 um 14:14 in erkannt
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Wenn die Erkenntnis reift, daß nicht jeder dieser Termine schaffbar ist, daß einfach dieses eine Mal wirklich nicht alles geht, schmerzt es auch. Ich gebe selten auf, sondern beiße mich lieber durch ein beinah übermenschliches Programm, um alle Vorlieben, Freunde, Pflichten und Vergnügungen unterzubringen, um nicht eine der vielen Hochzeiten, auf denen ich tanze, absagen zu müssen.

Vermutlich hat es sogar etwas mit Reife zu tun, wenn man sich eingesteht, daß nun der Punkt erreicht ist, wo eben nicht mehr alles parallel geht, wo man trotz Energie und Disziplin nicht mehr alles schaffen kann. Dann müssen Prioritäten gesetzt werden, manchmal auch dort, wo man sie niemals setzen wollte, wo man früher dachte, daß das immer Vorrang haben würde.

Meine Prioritäten haben sich geändert. Noch vor einem Jahr stand das Segeln über allem anderen, war es wichtiger als Universität, als Studium und als Freunde – wenn der Verein rief, wenn es eine Möglichkeit gab, auf’s Wasser zu kommen, dann war ich weg, egal, wie oft ich dafür fehlen mußte.
Nun ist es anders. Mein Studium und ein guter BA-Abschluß ist wichtig, auch wenn ich dafür Opfer bringen muß. Mein Ziel, das anschließende Masterstudium, ist auch wichtig, wichtiger als anderes, und so schieben sich daran gebundene Dinge wie Praktika auf der Prioritätenskala nach vorne. Und dann – die Musik, die meinem Herzen am Schwersten wiegt, die einen Teil von mir strahlen läßt, weil ich so nun keine Woche ohne Klavier auskommen muß, weil ich üben und spielen und klingen kann. Die sich so viel mehr über ein Konzert als über eine Woche auf See freut. Es irritiert mich, daß es mir deshalb auch so leicht fällt, die richtige Entscheidung zu treffen und Opfer zu bringen – plötzlich ist die Vernunft gar nicht mehr grundsätzlich grausam, sondern auch schön.

21. März 2011

Für Freunde.

Taren • am 21.03.2011 um 22:47 in erkannt, erlebt
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Ich, der den Hut vor keinem zieht, vor keinem Herren niederkniet,
und dessen Nacken nicht lernt sich zu neigen,
ich komm‘, weil ich dir sagen will: dein Beispiel macht mich klein und still
und bringt mein freches Lästermaul zum schweigen.

Reinhard Mey

Frühlingssonne fällt warm auf mein Gesicht und auf meine geschlossenen Augen, während ich, nur im Pullover, auf den verspäteten IC wartend auf dem Bahnsteig sitze. Aus den Kopfhöreren dringt leiser Jazz, gemischt mit Liedermachern und Indie-Rock, und ihr seid in all diesen Liedern so präsent, so lebendig, daß ich die Dankbarkeit und das Glück in mir kaum aushalten kann.
Euch zu sehen, bei euch zu sein ist wunderbar. So viele Momente dieser Tage sind wie ein Freudenfeuer in meiner Brust, Erinnerungen, die mir kostbarer sind als Gold und Silber, Augenblicke, die mich wärmen und stärken. Ihr weckt Mut und Hoffnung in mir und gebt mir Kraft.
Es sind gar nicht die lauten, die großen Ereignisse – nein, das stille, das einträchtige Neben- und Beieinandersitzen, euer Lächeln, die Möglichkeit, einfach nur bei euch zu sein, in eure Gesichter zu blicken, euch einfach nur zuhören zu können.
Ihr seid mir wichtig, so sehr, daß selbst mir mit einem Mal die Worte fehlen. Es ist unmöglich auszudrücken, was ihr für mich seid, wie dankbar ich für jede Sekunde bin, die ihr mir widmet, für jedes Gespräch, wie froh ich bin, euch zu kennen. Solche Menschen um mich zu haben ist Geschenk und Gnade, viel mehr, als man erwarten oder fordern könnte – und doch habe ich euch. Euch alle.
Ich danke euch – für alles. Für eure Zeit. Und dafür, daß es euch gibt.

10. Februar 2011

I’ll never be out of there.

Taren • am 10.02.2011 um 12:15 in erkannt
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And there’s some part of me I can’t get rid of, always thinks, if I’m not the smartest, if I’m not the first, everywhere I go they’ll figure out I’m not supposed to be here. They’ll send me back.

Dr. Foreman in „House, M.D.“

Just as much as I’ll never be out of there I can’t go back. It won’t work out, it would seem to be false and weird. I could try it, and I’d probably still be able to do it, but – I’d figure out soon it doesn’t work, it never worked, not really, to be honest. And still – it feels like I lost something on the way.

Hochstaplergefühl – und Stolz zugleich.

Vergangenheit - Zukunft