21. September 2012

Zugfahrt ins Nirgendwo.

Sie war's: Taren | am: 21.09.2012 | 22:37 | Stempel: erlebt, verzaubert | Keine Gedanken »

Denn wir können ewig weiter leben,
als würde es ein Morgen geben.
Solange ich dich begleiten darf,
bis in die letzte tiefe Nacht.

Olli Schulz

Das schäbige Großraumabteil ist noch spärlich gefüllt. Ganz am Ende des Zuges gab es noch viel freien Platz, und von meinem Sitz kann ich durch die Fenster des Zugendes auf die zurückgelassenen Gleise schauen, eine endlose Gerade bis zum Horizont. Wir fliegen dahin, an Orten mit unaussprechlichen Namen und kleinen verlassenen Bahnsteigen vorbei, die meist menschenleer im Irgendwo im Staub dieses grauen Nachmittags dösen.
Mit Musik auf den Ohren lehne ich mich zurück in das abgegriffene Polster und blicke blicklos hinaus, in die vorbeijagende grüne Schemenwelt. Der erste Film des Tages liegt noch dumpf in meinen Gedanken, verstörend und gut, wie so viele andere dieser letzten so erlebnisreichen Tage. Filmkunstmesse in Leipzig, ein Fest für das Kino – in immerhin 9 Säälen vier verschiedener Kinos liefen insgesamt etwa 90 Filme, und mein Schnitt von 18 ist dabei gar nicht schlecht: Filme über Liebe, Hass, Beziehungen und eben das Fehlen davon, über Leben und Sterben, Filme über Musik, Literatur, über aktuelle Themen und vergangene, Filme mit großem Kostümaufgebot und Filme mit ganz wenigen Mitteln – die Aufzählung ließe sich endlos weiterführen und wäre doch nie erschöpfend. Und viele, viele Filme waren tatsächlich richtig gut…

Ganz habe ich es noch immer nicht verstanden. Ab und an, gänzlich ohne äußeren Grund, war da wieder diese Verwunderung, dieses Staunen. Wirklich, ich bin dabei, ich bin hier, an seiner Seite, und doch ist es nach wie vor ein Wunder, etwas, was so eigentlich doch nicht passiert. „We except the love we think we deserve“, wie es Charlie in dem wirklich sehr unterhaltsamen Film „The Perks of Being a Wallflower“ ausdrückt – und das trifft gut, weswegen ich nach wie vor glaube, daß ich ganz sicher bald aufwachen werde – das kann gar nicht wahr sein. Nicht ich. Nichts an mir erklärt das, nichts ist eigentlich genug, und dennoch wachte ich jeden Morgen neben ihm und seinem Strahlen auf.

Egal. „Wir können ewig weiterleben, als würde es ein Morgen geben.“ Nichts anderes zählt – und ich bin so, so glücklich.

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