14. Juni 2012

Stadtzauber

Sie war's: Taren | am: 14.06.2012 | 22:57 | Stempel: erlebt, verzaubert | Keine Gedanken »

Sonne und kühle Luft streichelt die nackte Haut meiner Unterarme, die aus dem empor geschobenen weichen Fleecestoff meiner Jacke herausragen. Ich genieße den frischen Wind, der beim Fahren auf dem Rad meine Haare mir immer wieder ins Gesicht wirbelt, und trete mit mehr Kraft in die Pedale, um die leichte Steigung des Wegs auszugleichen.
Die rote Ampel an der Kreuzung vor der Fahrschule bringt mich zum Bremsen, und unwillkürlich schmunzle ich über mich selbst, jetzt, da ich zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder aktiv auf die Verkehrsregeln achte. Mein Blick streift über die wartenden Autos und zur anderen Straßenseite, und plötzlich fängt ein zartes, in Regenbogenfarben schillerndes Gebilde meine Aufmerksamkeit. Sanft strecke ich die Hand aus, um die kleine Kugel damit zu fangen, doch es gelingt mir nicht, und sie zerplatzt in einen Tröpfchenregen.
Und aus dem Fenster im ersten Stock, dort drüben auf der anderen Straßenseite, wehen mehr und mehr Seifenblasen, streuen eine Wolke von durchscheinenden Kreisen in den Himmel. Beinah verpasse ich meine Grünphase, zu gefangen bin ich von dem unglaublichen Bild, und drüben, direkt unter dem Wunder, halte ich an und schaue ihnen mit in den Nacken gelegtem Kopf hinterher. Diese Zartheit, wie sie leicht und schwebend in den Abendhimmel treiben, und ich muß lächeln und bin wie gefangen in diesem Bild.
Grade, als ich erneut meine Hände den kleinen und großen Schimmergebilden entgegenstrecke, tritt der Künstler der Galerie, die zur Vernissage geladen hatte und dazu die Seifenblasen empor steigen ließ, auf mich zu, seine Gäste im Stich lassend, um mich anzulächeln und mir zu sagen, daß ich mit meinem Fahrrad dieses Bild vervollkommnen und so wundervoll dazu passen würde, und dankt mir, daß ich mich noch so zu freuen vermöge.

Als hätten die Seifenblasen dort einen Zauber über die Stadt gelegt, so schien es mir – denn auch der restliche Abend blieb traumverwunschen. Mit der Liebsten über einem spiegelblauen Wasser zu sitzen, den Blick in die Ferne Richtung offenes Meer, Schiffssilhouetten am Ufer einer noch schweigend stillen Stadt, die ab morgen so laut und lebhaft und überfüllt sein wird, als würde alles noch einmal Atem holen, ganz in sich besonnen, um die Zeit der Feiern, Wettkämpfe und trubelnder Heiterkeit zu überstehen. Danach an den Herzensschiffen vorbei zu radeln, Sonne im Bauch, auf Segel und Masten und Takelage schauen, grüßen und gegrüßt werden und direkt wieder mit Komplimenten und Bewunderung überschüttet zu werden, erfüllt sehr, so sehr mit Glück.

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