26. Juni 2011

Heute wird wohl kein Schiff mehr geh’n.

Sie war's: Taren | am: 26.06.2011 | 21:50 | Stempel: erlebt, maritim, verzaubert | 1 Gedanke »

Ein Glas auf die Kuh, und eins auf die See!

Erneut zieren blaue Flecken meine Unterarme und Schienbeine, meine Hände sind spröde und rissig. Heute hinterließ ich auf dem Deck der „Roald Amundsen“ einen kleinen Blutfleck, als mich das Einfallen in die Gei der Untermars einen halben Fingernagel kostete, und zahlte somit für diese Woche nicht nur mit Schweiß, und doch war diese Woche jede einzelne Blessur so sehr wert. Das heutige Abschlußfeuerwerk ist mir gleichgültig, denn meine Kieler Woche ging zu Ende, als ich zum letzten Mal über die Gangway „meine“ Schiffe verließ.
Segeln, endlich wieder segeln, so viel Zeit auf dem Wasser, tagsüber draußen auf der Förde und der offenen See bei Wind und Regen und Sonnenschein, aber auch jeder einzelne Abend gemütlich an Deck mit all diesen unterschiedlichsten Menschen, die diese eine Leidenschaft eint, war wunderschön.
„Du strahlst mit jedem Tag heller, und es ist unglaublich!“ Von zwei unterschiedlichen Crews bekam ich jeweils ein Shirt geschenkt, weil ich dazu gehörte, ganz und gar, und jeden Morgen wurde ich neu mit Freude begrüßt und abends mit Wehmut verabschiedet, immer und immer wieder neu. Wir haben gemeinsam gesungen, stundenlang an Deck, immer die gleichen Lieder.

Und gestern – war einfach perfekt. Sonne, zum ersten Mal in dieser Woche strahlend und warm (und prompt so intensiv, daß ich nun doch den lange vermiedenen Sonnenbrand bekam), und ein herrlicher Tag, nach vielen Stunden mit Gesprächen und Schlendern und Unsinn machen. Zum Leinen annehmen trieb es uns doch wieder an den Kai, und dann mischten sich die Stammbesatzungen zum gemeinsamen Essen, nach Aufforderung beider Captains holte ich die Gitarre der Roald, und wir haben gesungen und musiziert. Von zwei Akkordeons begleitet klang meine Stimme mit den Saiten durch die Nacht, inmitten von Menschen, die ich lieb gewonnen habe, und später hielten mich starke Arme und gaben mir Geborgenheit und ein wohliges Kribbeln tief unten im Magen, daß ich alle Vernunft an Land lassen konnte und nur im Augenblick war.
Und heute – erneut im Himmel, hoch oben über allen anderen, Segel setzen und später zur Übergabe weit draußen vor Laboe packen, die Arme lahm vom schweren Segeltuch, aber trotz aller Erschöpfung noch immer brennend vor Freude und Glück.

Wohin die Reise jetzt gehen wird, weiß ich nicht. Bittersüße Müdigkeit dämpft die Welt um mich herum zu einem nebligen Schleier, und mein Bett lacht mich einladend an. Mir wird der Wind fehlen, das Wasser, die Schiffe und vor allem die Menschen, das Sein so hoch oben über den Wellen, vielleicht auch die Umarmungen und Küsse und ganz vielleicht auch er mit seiner Wärme, aber das weiß ich alles noch nicht – und noch kann ich all das Denken einfach mit der Flut hinaus tragen lassen, weil in mir meine Flamme glüht und strahlt.

Ein Glas auf uns, und eins auf die See!

Ich freu‘ mich so für dich. (=

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