04. Juni 2011

Blaue Stunde.

Sie war's: Taren | am: 04.06.2011 | 00:39 | Stempel: erlebt, maritim | Keine Gedanken »

Salz schwebt in der Luft, schwer und bitter, vermischt mit dem Ächzen der Fender zwischen Bootrümpfen und Dalben. Über der Stadt atmet ein tiefschwarzer Himmel, in dem sich Sterne ängstlich verbergen, und Pärchen verlieren sich auf der Promenade am Wasser.
Ich weiß nicht genau, was mich heute so befehlend noch an die Förde ruft, in dieser schlafvergessenen Stunde, doch treibt mich Sehnsucht und Neugierde hinaus. Was hält wohl die Nacht für mich bereit?
An hell erleuchteten alkoholschwangeren Buden führt mich mein Weg ans Meer und daran entlang immer weiter die Bucht empor. Lichter spiegeln sich auf den dunklen Wellen, zerrissen und zerflossen, Bojen malen dazwischen ihre sichere Bahn. Ich fahre weiter, an den kleinen Motorbooten vorbei immer höher, lächle wehmütig über die am Ufer grillende Crew zweier Traditionssegler, deren Toplichter ihr Deck tageslicht leuchten, und tauche hinter ihnen wieder in die Nacht. Schwärze um mich herum, kurz vor Mitternacht, und doch fahre ich weiter.
Die letzte Hafenmeile liegt wieder erleuchtet vor mir, im elitären Yachtclub vor blauhalogenem Licht trinken Polohemdenträger ihre Cocktails, und dann öffnet sich die Förde in strahlendem Hellblau. Das letzte Licht des Sonnenuntergangs malt weit hinter der Stadt den westlichen Himmel rosa und licht, und im Wasser spiegelt sich der Horizont, so daß es taghell leuchtet. Ich wende den Kopf, gefangen zwischen Nacht und morgendlicher Helligkeit. Leuchttürme strahlen über den hellen Sund, vermischen sich mit Licht und Schatten, ein hell erleuchtetes Militärschiff zieht in den Hafen.
Ich fahre noch ein Stück, bis ich mich auf die Kaimauer setze und mich ganz der Wahrnehmung hingebe, den Tag inmitten der Nacht in mich hinein atme. Ein einzelnes Segelboot motort langsam an mir vorbei, seine Lichter seltsam verloren in diesem strahlendem Meer von Unendlichkeit. Über der Stadt wacht die Casseopeia, über dem Westen ein helles Blau, und ich stehe und schaue und schaue.
Auf dem Heimweg, in die Dunkelheit hinein, an lachenden, feiernden und verlorenen Menschen vorbei treffe ich wie einen weiteren Beweis des Schicksals auf gute Freunde und laufe mit ihnen gemeinsam in die freitagsabendwache Stadt zurück.

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