10. Juli 2018

Weiteratmen.

Sie war's: Taren | am: 10.07.2018 | 12:59 | Stempel: bitterschokolade, erlebt, verzaubert | Comments Closed

Ich möchte mit den Fingerspitzen Gedichte auf ihre nackte Haut schreiben, ganz sanft, so, daß man es gerade noch spüren kann, ein Lufthauch nur, ein Atemzug. Ich möchte zusehen, wie der Schlaf ihr die Lider schwer werden läßt und die Bewegungen ihrer Brust verlangsamt. Es ist besonders ihr Einschlafen, das mich so sehr mit Glück erfüllt – die Erinnerung an die Momente, in denen sie auf meiner Brust oder in meinen Armen die Augen schloß und schlief, dieses Vertrauen, das sie mir in diesem Moment zeigte, ist kostbar und wundervoll. Ihr Gesicht wird so ruhig, so entspannt, und die Verletzlichkeit des Menschen im Schlaf spielt keine Rolle, wenn wir zusammen sind.
Grundsätzlich spielt so vieles in ihrer Gegenwart keine Rolle. Noch immer vergesse ich Raum und Zeit, wenn ich sie küsse, ansehe, spüre. Tage mit ihr, wenngleich immer viel zu kurz, dehnen sich zu Ewigkeiten, so viel bedeuten mir selbst die Kleinigkeiten des Alltags. Ein Blick von ihr reicht, daß selbst bei strömendem Regen in meinem Inneren Sonnenschein jede Ecke mit Licht und Wärme erfüllt, ein Kuß raubt mir Boden und Gleichgewicht, sie zu beobachten, wie sie morgens aufsteht, Kaffee kocht, sich die Haare bürstet und skeptisch das Wetter vor dem Fenster betrachtet, erfüllt mich mit unbeschreiblicher Liebe. Und dann ist es egal, daß ein Wochenende mit ihr niemals ausreichen kann, und auch der Schmerz der Trennung am Bahnhof, die Tränen in ihren und meinen Augen, verblaßen gegen das Glück, mit dem mich ein einziges kurzes Lächeln von ihr beschenkt. Also suche ich schon im Zug die Erinnerungen dieses Wochenendes und all der Tage zuvor heraus, wärme mich an den kleinen und großen Freuden und rahme all die Umarmungen, Momente und Küsse ein, um mein Inneres damit zu tapezieren. Sie und ich auf der Elbbrücke mit diesem Blick über die Stadt mit all den Türmen, Kuppeln und Dächern, ihre Begeisterung im Theater und der Widerschein der Lichter der Bühne in ihren Augen, ihre Hand in meiner auf dem Weg zu ihren Eltern, ihr Eifer, mir schon in der kurzen Zeit so viel zu zeigen, zu erklären, vorzustellen, ihre Nervosität, ihre Zärtlichkeit und immer wieder ihr Lachen – und noch unter Tränen muß ich wieder lächeln, legt sich Verwunderung und Dankbarkeit und Glück um das Vermissen, um die Sehnsucht, und mildern ihre scharfen Kanten.
Auch wenn ich nicht schlafen kann ohne sie, auch wenn morgens und abends und zwischendurch der Kummer seine Krallen in meinen Rücken schlägt und mich zu Boden reißen will, gibt sie mir doch so viel, an dem ich mich festhalten kann. Und es gibt ja noch so viel zu tun, vorzubereiten, fertigzustellen – und über Arbeit und Organisation verrinnen auch die Stunden, bis sie wieder bei mir ist.

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