13. Juni 2018

Wege.

Sie war's: Taren | am: 13.06.2018 | 09:31 | Stempel: erlebt, verzaubert | Comments Closed

Der Wecker reißt mich viel zu früh und unbarmherzig aus dem Schlaf. In den letzten Stunden seit dem Sonnenaufgang war ich immer wieder wach, zu hell war die Welt vor dem Vorhang, zu laut die Vögel, und dennoch – jedes Aufwachen bedeutete, mich ein weiteres Mal an sie kuscheln zu können und sie in meine Arme zu schließen. Ein Bein über ihrem, die ganze Fläche meiner Brust an ihren Rücken gelegt, so viel Nähe und Berührung und Sicherheit in dieser Position. Ich fürchte keine Alpträume mehr, weil ihre Umarmung alle schlimmen Gedanken und Bilder vertreibt. Selbst die Schlaflosigkeit von Stunden oder gar einer ganzen Nacht hat ihren Schrecken verloren – ihre Anwesenheit allein läßt die Dunkelheit der Nacht weniger undurchdringlich erscheinen.
Heute quälen wir uns viel zu schnell aus dem Bett, die Tagesplanung läßt keinen Raum für ein langsames Erwachen. Für einige Momente überwiegt die Frustration, daß heute nicht ihre Hände die Müdigkeit von meiner Haut streichen und ihre Lippen mir die Augen öffnen, daß ich nicht auf ihrer Schulter noch für kostbare fünf Minuten die Arbeit und die Welt vergessen darf, sondern unbarmherzig aus dem Bett geworfen werde, doch hält die schlechte Stimmung nicht lange an. Wie könnte ich maulen, da ich doch sie beobachten kann, wie sie sich anzieht, die Zähne putzt und mit so viel Selbstverständlichkeit und Anmut sich in meiner Wohnung bewegt? Es bleibt nur dieses altbekannte ungläubige Staunen, daß sie da ist, daß sie bei mir ist, daß es sie wirklich in meinem Leben gibt – und ich nehme mir, auch schon zum wiederholten Male, vor, ihr ein Fach im Regal oder im Schrank freizuräumen, um auch ganz physisch ihr den Platz in meinem Leben zu geben, den sie emotional längst einnimmt.
Dann brechen wir auf, zur Bushaltestelle und zur Arbeit, und ihre Hand liegt den ganzen Weg über in meiner, so richtig und normal und vertraut.

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