bitterschokolade

22. Juli 2011

Falling leaves.

Taren • am 22.07.2011 um 23:32 in bitterschokolade
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Graue Wolkenbänder verschlingen den Himmel und waschen den Staub aus den Straßen, bis nichts mehr bleibt als Müdigkeit und Stille, leergespült und ausgewrungen auf schwarzem Alphalt. Tropfen schlagen monoton gegen die Scheiben, rollen daran herab und stürzen in den Abgrund darunter, kalte, bittre Luft ströhmt nach Feuchtigkeit riechend in den Raum.
Als hätte der Dauerregen mich ausgehöhlt, mein Innerstes in seinem Fluß fortgetragen und in den Pfützen der ganzen Stadt verteilt sitze ich und blicke einfach nur hinaus, in das Silber der zerplatzenden Nässe, in Nacht und Dunkelheit und Raum. Erschöpfung, bleischwer und lähmend, eine Haut aus dünnem Glas, durchlässig wie Pergament und ebenso brüchig, und in mir ein tiefes, lebloses Schweigen.
Ich sehne mich, und kann doch nicht sagen, wonach – Herbstlaubstimmung.

03. Juli 2011

Sonntag Morgen.

Taren • am 03.07.2011 um 13:34 in bitterschokolade
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Des cendres de ton cœur, réchauffe ton génie,
dans la sérénité, souris à tes douleurs.
La Muse apaisera ta souffrance bénie.
On est grand par l’amour et plus grand par les pleurs!

Jacques Offenbach, „Les Contes d’Hoffmann“

Der graue Himmel hilft nicht grade dabei, das warme, gemütliche Bett zu verlassen. Mit einem Buch und der Musik des gestrigen Abend bleibe ich liegen, stundenlang, während der Vormittag an mir vorbei zieht, doch all das schafft nur Aufschub, keine neue Energie, und noch immer krallen sich Müdigkeit und Demotivation fest in meinen Rücken, als die letzten Töne der Oper verklungen und die letzte Seite gelesen sind.
Ich verliere mich in mir selbst, und fliehe nun schon seit Wochen vor der eigentlichen Arbeit, für die ich keine rechte Kraft in mir finde. An Bord oder in der Welt der Musik fühle ich mich wohl, doch daheim lähmt mich bereits der Anblick des gut gefüllten Ordners, der bearbeitet und gelesen werden will.
Ich kenne dieses Gefühl, ich weiß, daß ich regelmäßig zum Ende des Sommersemesters keine Energie mehr habe und unter der langvertrauten Melancholie zu ersticken glaube, ich weiß, daß es wieder vorbei gehen wird, und doch – es fällt schwer. Ich ertrage mich selbst nicht gut, launisch, reizbar und maulig, wie ich bin.
Vorankommen, vorarbeiten, etwas schaffen, damit ich endlich, endlich Boden unter den Füßen habe bei meiner Arbeit, vielleicht ein Wochenende aus dem Norden entfliehen – und vor allem diesem Negativen, Niedergedrücktem, Alten keinen Raum geben, es nicht wachsen lassen, es mit Schwung aus mir selbst hinauskehren. Ich will nicht zurück, ich will vorwärts, und kein grauer Himmel darf mich daran hindern.

30. Juni 2011

Es gibt Abende…

Taren • am 30.06.2011 um 22:13 in bitterschokolade
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… an denen man einfach früh ins Bett gehen sollte, um diese Last nicht weiter auf den Schultern zu tragen, um nicht weiter blicklos aus dem Fenster zu starren und diese Leere zu spüren, um nicht weiter Sehnsucht nach etwas zu haben, das nicht erreichbar ist. Mir fehlt mein Funke, mein Leuchten, und meine Tage sind zu lang und zu antriebslos.
Und bewußt, weil ich nicht weiter darüber nachdenken will, greife ich mir ein Buch und fliehe unter die Decke, in der Hoffnung, daß morgen wieder alles besser ist. Sein muß.
Zu viele Menschen fehlen.

29. Juni 2011

Ach, fick‘ dich ins Knie, Melancholie.

Taren • am 29.06.2011 um 20:09 in bitterschokolade, hören
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Aber so wie es war, wird’s nie wieder sein, und so wie es ist, wird’s nicht bleiben, und wie es dann wird kann vielleicht nur der bucklige Winter entscheiden…
Gisbert zu Knyphausen, „Seltsames Licht“

Prophezeiungen treffen manchmal mit beinahe verstörender Genauigkeit zu und schaffen damit eine Situationskomik, die lange noch bitter auf der Zunge verbleibt. Daß die Arzthelferin direkt eine Ärztin hinzuzieht, war zu erwarten, aber die immer wieder gleichen Fragen, die bei jeder Station erneut gestellt werden, ob ich stabil sei, wie lang das zurückliege, ob ich in stationärer Behandlung gewesen sei und jetzt grade einen Therapeuten habe, ob ich Medikamente einnehmen würde und damals drogensüchtig gewesen sei („Wirklich nicht?!“) zerren zunehmend an meinen Nerven. Es geht lediglich um eine Plasmaspende, aber mit meinem Aussehen werde ich behandelt, als würde ich grade mein Herz zur Transplantation freigeben. Sicherlich meint die Ärztin es nur nett, als sie mir anbietet, im Fall einer neuerlichen Krise und eines Rückfalls zu ihr zu kommen und mit ihr zu reden, aber vor dem Hintergrund der grade betonten Stabilität und Symptomfreiheit wirkt es wie Hohn. Ich behalte mein Lächeln auf den Lippen, nicke dazu und lasse mich zur Blutabnahme führen, wo erneut eine Schwester meine Arme betrachtet und kommentiert, wie schade das doch alles sei.
Der bittere Geschmack läßt mich nicht los, als ich das Center verlasse, in der Tasche einen Termin für die nächste Woche zur ersten Spende, schlußendlich also doch tauglich. Es ist ein erneutes Beispiel von gedankenlosem Umgang mit dieser Thematik im Alltag auch von Seiten des Fachpersonals, und neben all dem zynischen schwarzen Humors trifft es mich doch, ein wenig, obwohl ich es nicht zugeben will. Es ist eben immer ein Thema, in jeder Richtung – in dem betroffenen Schweigen, den verstohlenen oder offenen Blicken, in den behutsamen Nachfragen, was geschehen sei, im forschen Witz. Immer wieder lächle ich, betone, daß mich die Fragen nicht stören, lache, erkläre, und versuche dahinter zu vergessen, daß es mich noch immer trifft.
Es gibt keinen perfekten Umgang, nein, und vermutlich werde ich mich schlicht an den Schmerz gewöhnen müssen. Aber – manchmal wäre ich einfach gern normal. Ohne sie.
Ich schlucke es hinunter und sage mir selbst immer wieder, daß sie zu mir gehören, daß sie okay sind und es nicht wichtig ist, was andere denken. Immer wieder, bis ich es eines Tages wirklich glaube.

Ich weiß, was du jetzt sagen willst – sag‘ es lieber nicht. Diese Träume waren nicht groß genug, doch was dir fehlte ist unterm Strich: nur ein lachendes Gesicht auf der andern Seite des Spiegels, ein bisschen Stolz auf deinen Schultern, denn das steht dir gut. Das seltsame Gefühl, daß all dein Glück nicht unverdient ist, der alte Glanz in deinen Augen und ein bisschen Mut.
Gisbert zu Knyphausen, „Morsches Holz“

(Titel von Gisbert zu Knyphausen, „Melancholie“)

23. Mai 2011

Spuren.

Taren • am 23.05.2011 um 23:37 in bitterschokolade
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Was die Vergangenheit mit Silberstift auf uns niedergeschrieben hat, verblasst irgendwann. Stimmen verlieren sich, Gesichter verschwimmen und viele kleine und größere Momente voll Glanz, Freude und auch Traurigkeit werden vom Zahn der Zeit zerfressen. Man teilt mit anderen, um Erlebnissen Gewicht zu verleihen, führt Tagebuch oder Blogs, um manche ganz besonderen Stunden zu bewahren, photographiert und filmt, um genau diesem Vergessen Einhalt zu gebieten.

Auf meiner Haut ist ein ganz besonderes Tagebuch, grundsätzlich auch für jeden lesbar, wenngleich auch hierbei die genauen Umstände größtenteils auch mir nicht mehr in Erinnerung sind. Linien auf Händen, Armen und Brust, unzählig und unregelmäßig, manche schmal, andere breit und furchteinflößend.
Ich bin Täter und Opfer gleichermaßen, ich fügte sie mir selbst zu und leide gleichzeitig am meisten jetzt darunter, daß ich es nicht mehr ändern kann, daß ich damit leben muß. Für immer.
Mittlerweile ist es nicht jedes Mal ein bewußte Entscheidung, die Hemdsärmel aufzukrempeln oder den Pulli auszuziehen und im kurzärmeligen Shirt die Sonne zu genießen, sondern manchmal auch wieder ganz selbstverständlich. Und doch sind Blicke auf meine Handrücken, die ich ja doch nicht verstecken kann, noch immer wie Feuer auf meiner Haut. In wichtigen Gesprächen habe ich die Finger immer so verschränkt, daß die Silberstreifen nicht gut sichtbar sind, und habe dennoch Angst vor Fragen, vor Unverständnis, vor Ablehnung.

Die Hoffnung, daß vielleicht, ganz vielleicht, daran noch etwas zu ändern ist, war da. Ich wollte nicht alles ändern, ich stehe zu mir und zu meiner Vergangenheit, nur – meine Hände, mir vielleicht die Chance geben, daß ich selbst entscheiden darf, wer wieviel zu sehen bekommt. Doch natürlich war diese Hoffnung irrig.
Und was bleibt, – wieder einmal, wie üblich – ist, daß ich weiter üben muß, mich selbst so zu akzeptieren, und damit einfach zu leben.

12. Mai 2011

Doubt.

Taren • am 12.05.2011 um 09:56 in bitterschokolade
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Und langsam kommen die Zweifel, die Müdigkeit. Vielleicht war es doch berechtigt, vielleicht hätte ich es nicht verdient. Lächeln, den anderen dabei helfen, all die Formalien zu bewältigen, Gratulationen und Maskengesicht – und ich sehe dabei zu, wie schon direkt nur die organisatorischen Dinge unüberwindbare Hürden darstellen, über welche ich ihr hinüber helfen muß, und frage ich währenddessen verzweifelt, wieso.

It’s just that I don’t know how much I can still carry.

Gut, daß ich morgen fahre, gut, daß ich bei meinen Herzensmenschen all den Mist vergessen kann.

30. April 2011

Halt.

Taren • am 30.04.2011 um 23:05 in bitterschokolade, erkannt, verzaubert
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Der Teufel ist ein trauriger Geist und macht traurige Leute, darum kann er Fröhlichkeit nicht leiden. Darum kommt’s auch, daß er vor der Musika aufs Weiteste flieht! Er bleibt nicht, wenn man singt.

Martin Luther

Wenn Teufel, Dämonen und Nachtgespenster ihre Finger nach mir ausstrecken und mit kahlen Knöcheln an die Fensterscheiben pochen, wenn mit der Dämmerung auch die Kälte und das Unbehagen in meine Knochen kriecht, wenn just mit einem Moment seltsame Gedanken und Gefühle den Magen zusammendrücken hilft nichts so sehr wie die Musik. Seit Tagen sitzt mir die Müdigkeit und die Überarbeitung auf den Schultern und flüstert Abend für Abend mir verlockend in die Ohren, doch heute eine Ausnahme zu machen und nicht noch abends mich ans Klavier zu setzen, sondern lieber früh zu Bett zu gehen, oder doch noch weiter den universitären Pflichten nachkommen, oder entspannt einen Film sehen, doch – ich widerstehe. Und jeden Abend hellt mir der Klang dieses Wunderinstruments mein Gemüt auf, vertreibt die Wolken und jagt meine bösen Geister davon.
Eigentlich ist es zu viel, was ich tue, was auf mich zukommt und was ich alles schaffen will. Der Arztbesuch, die Auseinandersetzung mit den Relikten der Krankheit, die Musik, das Praktikum, die Bewerbung für den Job, dann meine erste Abschlußarbeit, der Sport, die ehrenamtliche Singerei, die normalen Semesterreferate und -prüfungen…
Hätte ich nicht meine Musik, meinen Therapieplatz täglich vor den weißen und schwarzen Tasten, ich würde aufgeben. Doch sie gibt mir die Kraft, das alles irgendwie zu schaffen, weil ich es will – und weil ich bei ihr immer Hilfe finde, wenn ich sie brauche.

05. Februar 2011

Du.

Taren • am 05.02.2011 um 19:41 in bitterschokolade, gefragt
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Du bist nicht immer präsent, nein – nur manchmal. Wenn ich Deinen Namen lese. Oder wenn ich im Zug sitze und hinaus schaue und eigentlich Dir schreiben möchte, weil draußen die Welt im Nebel und Regen versinkt. Und auch immer noch dann, wenn ich traurig bin, wenn Schatten an den Wänden lauern. Du warst mein Felsen, meine Burg, und ich habe Dir vertraut. In einer Zeit, in dem ich niemandem mehr Glauben schenken konnte, habe ich mich dennoch auf Dich verlassen, weil Du da warst. Du bliebst einfach, still und gelassen und akzeptierend wartetest Du auf mich. Und irgendwann wurde aus der alten Verliebtheit eine neue Liebe, als ich mich traute, Dir zu trauen.

Du fehlst mir. Und dann sitze ich dort, und möchte Dir schreiben, wieder einmal die Inkonsequenz zum Tanze bittend. Möchte Dir verzeihen, um Dich wieder zu haben, um mit Dir reden zu können, mit Dir schreiben zu können. Ich möchte vergessen können, was passiert ist, möchte ignorieren, daß Du mich verletzt und im Stich gelassen hast, und möchte Dir Glauben schenken, wenn Du mir wieder einmal sagst, Du würdest es nicht mehr tun.
Doch schon, wenn ich dies denke, weiß ich, daß es nicht passiert. Du bist nicht mehr der, dem ich vertrauen konnte, Du hast Dich verändert, und ich auch. Läßt Du alle Deine Freunde fallen, oder bloß mich? Nein, ich möchte die Antwort gar nicht wissen, es ist auch nicht wichtig. Eigentlich weiß ich nicht einmal, was mich trauriger macht – daß Du mich immer wieder neu enttäuscht und verletzt hast, oder daß es Dir offenbar so gar nichts ausmacht, daß ich in Deinem Leben fehle. Du hast Dich nicht einmal gemeldet, in all der Zeit. Könntest Du noch deutlicher sagen, daß Dir an mir und meiner Freundschaft nichts mehr liegt? Wohl nicht. Und deshalb schreibe ich Dir nicht, immer wieder schreibe ich Dir nicht.
Aber – Du fehlst.

30. Januar 2011

And I was worried your wings would melt.

Taren • am 30.01.2011 um 14:11 in bitterschokolade
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Manche Menschen atmen Musik, leben in ihr, sind von ihr umgeben. Diese Selbstverständlichkeit im Tun, dieses ruhige, selbstvergessene Verströmen von Klang, Rhythmus und Tönen läßt mich ehrfurchtsvoll verstummen, still daneben sitzen und mit Bewunderung lauschen, beobachten, mitschwingen. Sie zu erleben, in ihrer Leichtigkeit im Umgang mit diesem großen, vielleicht dem größten Mysterium ist wunderbar und hält weit über diesen einen verzauberten Abend an.
Ich bin nicht einmal neidisch, nein – nur wehmütig, weil ich fürchte, diese Art des Umgangs niemals zu erreichen. Sie beherrschen so viele Instrumente, flexibel und kreativ, und zeigen mir dabei auch, wie weit ich selbst von wirklichem Beherrschen dieser entfernt bin. Ich schlage hart auf dem Boden der Tatsachen auf, und erneut wird mir bewußt, daß ich noch meilenweit von dem Niveau entfernt bin, was ich benötigen würde. Vielleicht war dieser Traum viel zu hoch gegriffen, und ich sollte dort bleiben, wo ich bin, mich an der Theorie festhalten und akzeptieren, daß alles andere nicht in meiner Macht steht.
Aber nein, ich will nicht aufgeben. Ich will nicht, wieder einmal, schon am Anfang resignieren, weil ich zu wissen glaube, daß ich es nicht schaffen kann. Für diesen Traum bin ich bereit, das bittere Scheitern am Ende in Kauf zu nehmen, ich bin bereit, den Kampf aufzunehmen, auch gegen mich selbst und meine Ängste. Denn die Musik ist es wert, um sie zu kämpfen, und zugleich ist sie dabei auch meine größte Ressource.
Und ich muß es lernen, nicht schon deshalb aufzugeben, weil andere mich übertreffen. Verfluchte Arroganz! Auch wenn ich vielleicht niemals so von Musik durchdrungen bin wie sie – kann Ich doch Ich sein, und musizieren. Für mich. Und vielleicht – auch für den Traum.

13. Januar 2011

Das Narrenschiff

Taren • am 13.01.2011 um 22:11 in bitterschokolade, hören
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Das Quecksilber fällt, die Zeichen stehen auf Sturm,
nur blödes Kichern und Keifen vom Kommandoturm,
und ein dumpfes Mahlen grollt aus der Maschine.
Und Rollen und Stampfen und schwere See,
die Bordkapelle spielt: Humbatätärä,
und ein irres Lachen dringt aus der Latrine.
Die Ladung ist faul, die Papiere fingiert,
die Lenzpumpen leck und die Schotten blockiert,
die Luken weit offen und alle Alarmglocken läuten.
Die Seen schlagen mannshoch in den Laderaum,
und Elmsfeuer züngeln vom Ladebaum,
doch keiner an Bord vermag die Zeichen zu deuten.

Der Steuermann lügt, der Kapitän ist betrunken,
und der Maschinist in dumpfe Lethargie versunken,
die Mannschaft: lauter meineidige Halunken,
der Funker zu feig um SOS zu funken.
Klabautermann führt das Narrenschiff,
volle Fahrt voraus und Kurs aufs Riff!

Reinhard Mey, „Das Narrenschiff“

Und um mich herum brechen Welten in Stücke, sinken Träume und Hoffnungen und sterben Wünsche. Ich versuche, einem Leuchtfeuer gleich auch in Sturm und Nacht einen Anhaltspunkt zu geben, und doch ist mein Licht viel zu schwach. Oder – wer weiß schon? Vielleicht bin ich ein Truglicht, irrlichternd über dem Moor, und leuchte nur den Weg in noch tiefere Abgründe?
Ich kann mich nicht mehr definieren, verliere meine Festigkeit, mein Fundament scheint zu bröckeln. Doch inmitten all dieser grauen Trübseligkeit finde ich einen Ort, an dem ich sicher bin, abgeschirmt hinter geschlossenen Türen und ganz bei mir. Danke, daß es dich gibt, Musik.

10. Januar 2011

Prioritäten.

Taren • am 10.01.2011 um 23:07 in bitterschokolade, gefragt
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Ich bin kein Mensch für Kompromisse, nicht, wenn ich es verhindern kann.
Mich begnügen, sparsam mit meinen Kräften umgehen – all das liegt mir nicht. Ich brenne, so hell ich kann, mit all der Intensität, die mir dieses Leben bunt und hell und erträglich macht, mit all dem Feuer und mit meiner ganzen Energie. Ich fordere mich, überfordere mich, ziehe und schiebe und zwinge mich selbst weiter, immer weiter, immer voran. Stillstand und Ruhe, Verweilen und Erholung passen nicht zu meinem exzessiven Wesen, zu diesem Willen und dieser Sehnsucht, die immer auf den Horizont schauen und mir von den Geheimnissen dahinter singen, die mich täglich neu Segel setzen lassen, um mit dem Wind zu reisen. Es gibt doch noch so viel zu erleben, so viel zu sehen, jeden Tag eine neue Welt!

Umso mehr stört es mich, wenn Flaute mich bremst, wenn Strömung meine Fahrt hindert. Ich hasse es, wenn mein Leben mich zwingt zu wählen, wenn ich nicht alles ganz vermag. Die Schwäche, von einmal geplanten Tätigkeiten zurückzutreten, den schalen Beigeschmack des Unvermögens – mag es noch so unverdient und unpassend sein (denn was kann ich schon gegen Krankheit tun?), es läßt mich dieses unperfekte Wesen verabscheuen, das nicht weiterkann.
Noch geht mir nicht der Brennstoff aus, es ist nur ein kurzer Moment von Dämpfung und Ruhe, bis meine Seele wieder alles überstrahlt – doch was wird sein, wenn ich mich selbst an mir aufgezehrt habe..?

14. November 2010

Shadows can’t be without light.

Taren • am 14.11.2010 um 00:37 in bitterschokolade, erkannt
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Die alten Tagebücher aus der Klinikzeit in die Hand zu nehmen und darin zu blättern, war irgendwie keine so gute Idee – aber eigentlich wußte ich das bereits, als ich nach ihnen griff. Und ich habe noch immer nicht genügend Distanz, über die übertriebene Melodramatik und Selbstinszenierung des Untergangs zu lachen – selbst für mich Zyniker ist in den Texten zu viel ehrliches Leid, als daß schwarzer Humor einen Ansatzpunkt hätte.

Es ist genau vier Jahre her, daß ich auf der geschlossenen Intensivstation dokumentierte, wie mein Ich dort an Gefangenschaft, Zwang und Entmündigung zerbrach.

Und doch, da ist er wieder, der bittere Witz: wie passend, daß heute, vier Jahre später, der Brief mit meinem Praktikumszeugnis über die Zeit in der Psychiatrie kam. Beinahe – Schicksal.

Vergangenheit - Zukunft