denken

24. Mai 2013

Man vermisst das, was man nicht hat.

Taren • am 24.05.2013 um 20:35 in denken
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Es ist ein wenig wie verloren gehen. Die Tage fließen ineinander, Arbeit, Uni, und die kurzen Stunden daheim und für mich vergehen wie im Flug. Ich erwache morgens und weiß für kurze Momente nicht, welcher Wochentag heute ist, was heute anliegt – ob Arbeit, Besprechung, Lernen, Wegfahren. Der Zugriff auf das ‚Jetzt‘ ist irgendwie nicht so fest wie sonst. Es ist so viel zu tun, so vieles liegt an, nähert sich in den nächsten Tagen und Wochen. Ich sehne mich nach der Atempause des langen Wochenendes bald, und gleichzeitig graut mir vor dessen eiligem Näherrücken, weil davor noch so viel zu erledigen ist. Etwas mehr Zeit haben…

Zusätzlich scheint es, als ginge auch ich in diesem Frühjahr ein wenig mit verloren. Im Studium und auf der Arbeit ist klar, daß ich nicht ‚ganz Ich‘ sein kann. Die langen Ärmel sind Schutz für beide Seiten, sind sinnvoll und vernünftig, und doch fehlt mir dabei so sehr dieses unbeschwerte, heitere Ganzsein der letzten Jahre im Norden. Jetzt gucke ich im Wetterbericht nach den Temperaturen des nächsten Tages, ob die Kleidung wärmer oder luftiger sein sollte, aber nie ist da diese selbstvergessene Leichtigkeit und Selbstverständlichkeit, mit der ich sonst in den Tag gehen konnte.
Immer wieder zwischendurch beneide ich die anderen, die sich ohne einen Gedanken in stickigen Seminarräumen die Ärmel hochschieben können oder den Pullover ausziehen, diejenigen, die im kurzen Tshirt auf der Arbeit die Gäste bedienen, diejenigen, die im Fitnesscenter in sexy kurzen Tops die Gewichte stemmen. Es fühlt sich zwar nicht mehr so sehr nach Verkleidung an, und doch ist immer das Verbergen von (alten) Anteilen meiner Selbst. Ich leide nicht darunter, nein, aber ein wenig stört es. Als würde ich nur dann von meiner Umwelt akzeptiert, wenn ich meine nicht konformen, nicht ’normalen‘ Seiten verstecke.
Das Jammern ist müßig und sinnlos. Niemand kann mir die Narben nehmen, oder die Menschen dort draußen alle auf einen Schlag dahingehend ändern, daß plötzlich Vernarbungen wie meine nicht mehr auffallen, irritieren, abschrecken. Dennoch – die Sehnsucht nach einer solchen Welt wird wohl bleiben.

08. April 2013

Weiter, weiter.

Taren • am 08.04.2013 um 20:43 in denken
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Wuselig. Verrückt. Vernünftig. Erwachsen. Jung. Arrogant. Freundlich. Offen. Neugierig. Aufdringlich. Schüchtern. Verwirrt. Ungeduldig. Selbstbewußt. Unsicher. Wach. Interessiert. Anstrengend. Nervig. Ansteckend. Maulig. Positiv. Optimistisch. Direkt. Gesprächig. Kindisch. Still. Realistisch. Begeisterungsfähig. Sportlich. Ambitioniert. Diszipliniert. Starrsinnig. Überzeugend. Bissig. Frech. Gern lachend. Strahlend. Auffällig. Schlank. Sensibel. Empathisch. Kreativ. Wirr. Wagemutig. Leichtsinnig. Individuell.

Pumuckl, Huhn, Süße, Windsbraut, Engel, Kobold, Doofnase, Rotschopf, Hexe, Kindskopf, Sprotte, Meerkind.

Ich.

Und das bin ich, egal was passiert.

04. April 2013

Forward.

Taren • am 04.04.2013 um 20:56 in denken, fühlen
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Und also – Veränderung. Was bleibt mir auch sonst? Ich hasse das Selbstmitleid, die kleinen Zusammenbrüche, die immer wieder plötzlich kommenden Tränen, wenn mir wieder bewußt wird, was fehlt. Also kämpfe ich, kratze, beiße und trete um mich und versuche, der Leere und Traurigkeit keinen Raum zu geben, versuche, nicht zu spüren, wie sehr mich das verletzt hat.
Und deswegen: Haare ab, spontan und unüberlegt, vielleicht bald eine neue Brille, nachfärben, und am Wochenende raus aus meinen vier Wänden und ab ans Meer. Wind und Wellen und Gischt helfen immer.

„Denn auch wenn alle Photonen der Welt das nicht erleuchten können,
können alle Kanonen der Welt das nicht zerstören.“

Festhalten an dem, was war, an dem, was ist, und einfach nicht weiterdenken.

03. Dezember 2012

Trotz allem!

Taren • am 03.12.2012 um 20:37 in außen, denken
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ich wart’ auf einen regen , einen der besonders ist
der alles wieder neu macht und den ganzen schmutz wegwäscht
ein regen der das wegspült was ich auf der seele hab
ich wart auf diesen regen und dann wasch ich alles ab

Erste Schneeflocken, mein langer Mantel und kleine Eiskristalle auf der schwarzen Wolle – in der Mittagspause eben zum Bäcker laufen, weil für Mensa keine Zeit mehr bleibt, nachdem ich erst noch Klavierunterricht hatte und endlich, endlich wieder richtig spielen darf. Neue Stücke voller Sehnsucht und Träumerei, Filmmusik (natürlich!), aber auch für die Arbeit relevantes, Herz und Kopf gleichermaßen – und wieder spielen, lernen, weiterkommen.
Das Referat hat gut geklappt, und dann stehe ich nach der Uni noch mit zwei sehr netten Mädels vor dem Institut im eiskalten Nieselregen und rede und fluche und schmiede Pläne – und dann nach Hause, Lichterketten und warme selbstgekochte Suppe, und endlich wieder ein Abend für mich.
(Nur er fehlt, aber ich halte es aus, jawohl.)

in diesen regen stell’ ich mich und da bleibe ich dann bis
die aussicht wieder klarer und der himmel blauer ist
dann werd ich alles los was ich mir aufgeladen hab
ich geh raus in den regen und da wasch ich alles ab

12. November 2012

November.

Taren • am 12.11.2012 um 22:28 in erkannt
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Never mind the darkness, baby,
you will be saved by rock’n’roll!

Kid Kopphausen

Die Lichter der Stadt spiegeln sich im See, und weit hinten hinter der Brücke recken sich kahle Äste einer Baumkrone vor den letzten Tropfen hellen Himmels. Ich bin wunderbar müde vom Sport, endlich wieder meinen Körper bewegen, in Akrobatik, Tanz und Kampf, spüren, wie sich die Muskeln härten und mein Körper aus den weicheren Linien heraus wieder Konturen annimmt.
Generell: Kontur. Aus verschwommenen Umrissen kristallisiert sich ein Alltag heraus – gemeinsame Mensaessen, Musizieren, Studium, erste Freundschaften. Ich komme an, ohne loslassen zu müssen, und das ist schön.
Leben verdrängt den November. Ich bin so sehr im Moment, im Jetzt, in den kleinen Nachrichten des Liebsten, in Studium und Sport und Aktivität, ich bin gleichzeitig so sehr in der Zukunft, im dauernden Vorfreuen auf Besuche, Fahrten, Training, daß für die Novembermüdigkeit kein Raum mehr bleibt – und wenn sie sich doch einmal im Fensterrahmen zeigt, vertreiben sie Telefonate und Freunde effektiv.
Es ist wunderschön, so so so glücklich zu sein.

13. September 2012

Sommer in der Stadt.

Taren • am 13.09.2012 um 12:45 in erkannt, erlebt
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Und ich hab’s noch so im Hinterkopf,
es klebt an mir wie Sand aus einem Sandsturm.
So viele kleine Spuren und so.
Du klebst an mir. Ich kleb‘ an dir.

Und weißt du: nächsten Sommer sehen wir uns wieder.

Bosse

Es ist egal, wo ich bin. Es ist egal, ob wir in der gleichen Stadt sind oder nicht, es ist egal, ob sich vor meinem Fenster das Meer oder nur der kleine Binnensee erstreckt – der Norden gehört zu mir. Ist in mir. Die Menschen, die mir wichtig sind, sind da, auch wenn sie nicht in direkter Greifweite sind.
Jedes Wiedersehen macht glücklich, und so viele Kleinigkeiten und Aufmerksamkeiten, die zeigen, daß ich präsent bin, ohne anwesend zu sein. Daß der Umzug nichts geändert hat, weil ich weiterhin einbezogen werde.
Herzmenschen.

27. August 2012

Sekunden.

Taren • am 27.08.2012 um 13:42 in denken
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Einatmen, ausatmen, Stille.
Immer wieder: Luft holen, warten, dieses nur halb bewusste Lauschen nach den Schritten eines anderen. Damit habe ich nicht gerechnet, daß allein wohnen auch so viel Einsamkeit beinhalten kann. Ich versuche, mich nicht völlig diesem Schweigen zu ergeben, etwas von dem nicht dringlichen Stapel unerledigter Dinge abzuarbeiten, doch es fühlt sich so sehr nach dem an, was es ist: nur der Versuch einer Beschäftigung, um nicht den Zeigern der Uhr nachzusehen und zu hoffen, daß die Zeit schneller vergehen möge.
Einatmen, ausatmen. Teilweise erinnere ich mich an die basalsten Dinge: etwas trinken, einkaufen, essen. Ich muß es tun, weil das Gefühl dafür in mir drin irgendwie abhanden kam auf dieser Bahnfahrt von Nord nach Süd, weil ich hier bin und alles in mir nur weg möchte, weil ich mich so einsam fühle in dieser Stadt. Das Hiersein habe ich zwei Jahre lang ersehnt, und natürlich freue ich mich nach wie vor auf das Studium, darauf, wenn die Uni wieder meine Tage und Gedanken füllt, doch jetzt, in dieser Phase zwischen den Stühlen, ist der Boden unter meinen Füßen morastig und unstet.
Dagegen an, nicht aufgeben. Atmen. Diese Wohnung weiter gestalten in der Hoffnung darauf, daß sie sich doch irgendwann nach Heim und nicht mehr nach Exil anfühlt, die Wochen füllen und versuchen, vielleicht nicht so viel allein zu sein. Nicht nach den Zeigern sehen. Lächeln, und vielleicht, nein, sicher wird es schon irgendwann besser.

05. August 2012

Counting days.

Taren • am 05.08.2012 um 08:37 in erkannt, fühlen
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Natürlich freue ich mich. Zwei Wochen mit vielen sicherlich sehr interessanten Menschen, Lernen, gemeinsamer konzentrierter Arbeit und Diskussion, die Nachmittage frei für ungehemmtes Urlaubsvergnügen mitten in den Bergen zwischen drei der attraktivsten Städte Süddeutschlands, abends Vorträge von Professoren aus ganz Deutschland zu ihren Forschungsgebieten – das ist genau das, was ich eigentlich liebe, was mich fordert und begeistert.

Und doch – so viel lieber würde ich den Zug in die umgekehrte Richtung nehmen, möchte in den Norden. Nein, ich fange jetzt nicht an, Tage zu zählen bis.

02. August 2012

It’s a beautiful day.

Taren • am 02.08.2012 um 12:27 in gefragt, verzaubert
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So viel Gutes, so viel Erfolg, daß ich langsam nicht mehr daran glauben kann. Es ist unfassbar, was die letzten Monate an positiven Nachrichten bereithielten: die bestandene Aufnahmeprüfung, die guten Zensuren, der Führerschein, eine tolle neue Wohnung, jetzt noch die Zulassung – das ist unglaublich.
Und dann jetzt noch eines der größten Wunder: nicht nur, daß ich mich in den letzten Monaten im Norden noch verliebe, nein, wir versuchen es miteinander, vorsichtig, behutsam, und vielleicht, vielleicht. Ich bin so, so, so unendlich glücklich.

Seit heute dann bin ich eingeschrieben, ordentliche Masterstudentin im Fach Klinische Musiktherapie, und in meiner neuen Wohnung gemeldet. Es ist alles einfach zu schön, um wahr zu sein.

17. Juli 2012

Manchmal denke ich bereits vor dem Frühstück an sechs unmögliche Dinge.

Taren • am 17.07.2012 um 09:58 in denken
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“Aber ich möchte nicht unter Verrückte kommen,” meinte Alice.
“Oh, das kannst du wohl kaum verhindern”, sagte die Grinsekatze: “Wir sind hier nämlich alle verrückt. Ich bin verrückt. Du bist verrückt.”
“Woher willst du wissen, dass ich verrückt bin?”, erkundigte sich Alice.
“Wenn du es nicht wärest”, stellte die Grinsekatze fest, “dann wärest du nicht hier.”

Lewis Carroll: Alice im Wunderland

#1 Eine Wolke einfangen und an einer Leine ausführen.
#2 Über’s Meer laufen.
#3 Er.
#4 Wie Orpheus singen.
#5 Mich mit einer Möwe unterhalten.
#6 Flügel wachsen lassen.

14. Juli 2012

Sunshine!

Taren • am 14.07.2012 um 20:10 in erkannt, erlebt
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Unterwegs sein, zuerst noch im leisen Nieselregen – mein Fahrrad läuft schnurrend über den Asphalt, das Gewicht der Tasche drückt auf meine Schulter, und ich strahle. Über mir jagen Wolken den Himmel entlang, und ich bleibe immer wieder zwischendurch spontan stehen, von einem Ort angehalten, was in diesem grautrüben Licht plötzlich besonders wirkt. Meine Stadt festzuhalten, das abzulichten, was ich an diesem so oft so trüben Norden so liebe, und das mit der mittlerweile beinah antiken Spiegelreflexkamera, die noch Momente auf Filmstreifen bannt, Photographie, bei der ich erst nach dem Entwickeln weiß, ob das, was ich sah, auch so festgehalten werden konnte.
Ich drehe, verstelle, ändere meinen Standpunkt, und versuche, mit jedem Auslösen das perfekte Photo zu bekommen, denn die Anzahl der Bilder ist begrenzt – und dann Filmwechsel, schnell noch weitere besorgt, und ich halte die ersten Sonnenstrahlen und den tiefblauen Himmel über der Förde ebenso begeistert fest wie zuvor den sturmgrauen Wolkenberg.

Und dann, dazwischen, Herzmenschen, mit L. auf ihrem Balkon sitzen, ein alkoholfreies Bier trinken und ins Grüne sehen, gestern all meine Freunde in meinem leeren Zimmer versammelt, und so viel Lachen und Weinen und Traurigkeit und Freude und Abschied und Neubeginn und Hoffnung und Gemeinsamkeit. Intensiv, aber gut.

09. Juli 2012

Fort.

Taren • am 09.07.2012 um 22:00 in gefragt
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„Schau, die Wolken sind vergangen,
die den Blick uns lang vergällt,
und die Landschaft, grau verhangen,
ist mit einem Mal erhellt.
Tiefe Schatten werden lichter,
wenn die Sonne golden scheint,
und es wird der Tod zum Dichter,
wenn er sich mit Liebe eint.“

Viktor Ullmann, „Der Kaiser von Atlantis“

Vielleicht muß es manchmal schlimmer werden, damit es besser werden kann. Die so oft vorbeiziehenden Gewittergüsse draußen, die Stadt und Himmel in Schwärze tauchen und wegspülen, was sich ihnen in den Wege stellt, malen den Norden oft in ein eigenartiges Novembergrau, was wie ein würdiger Abschied scheint. Ich schwanke zwischen Vorfreude und Wehmut, zwischen Hoffnung und Auflösung, und gehe beinahe trotzig immer weiter auf den selbstgewählten Termin des Umzugs zu, an dem ich Meer, Wind und Norden verlassen soll. Letzte Treffen, Feiern, die doch keinen unbeschwerten Frohsinn mehr in sich tragen, und immer wieder abends die Melancholie und Sehnsucht, die schon jetzt meine Wahlheimat vermisst.
In Kisten und Kartons verschwindet meine kleine Zuflucht hinten im Hof, in der ich vier Jahre gelebt habe, und trotz des neuen Schlüssels fühlt sich alles immer nur nach Ende, Entwurzelung und Aufgabe an.
Vielleicht darf ich es nicht als Abschied, sondern nur als Zwischenlösung sehen, weil ich doch nicht dauerhaft das Meer verlasse. Vielleicht muß ich mir trotz Hektik und tausend Aufgaben im Kopf einfach täglich eine halbe Stunde nehmen, um zu fotografieren und die Orte aufzusuchen, die mein sind und die ich zumindest als Bild mitnehmen möchte, unabhängig vom Wetter, von Stimmung und Zeit. Vielleicht muß ich auch schlicht akzeptieren, daß es eben grade nicht gut, nicht einfach, nicht lustig ist, daß ich nicht spielen kann und mich dieser Abschied, dieses Weggehen traurig und unglücklich macht, statt dagegen anzukämpfen und es immer wieder zu leugnen. Denn es ist schlicht so, und eigentlich ist auch das okay, solange ich trotzdem weitergehe, weiterpacke, dieses Leben in Kisten verstaue. Es sind nur noch zwei Wochen, bis ich sie wieder auspacken darf, und bis dahin bin ich dann vielleicht eben traurig.
Solang es immer noch Lichtblicke und Lachen und Freude gibt, darf vielleicht auch die Melancholie ihren Raum haben.

Vergangenheit - Zukunft